René Kühn: Lieber Henryk, klasse, dass wir uns erneut über die aktuellen Herausforderungen unterhalten und willkommen bei unserem Format „MarTech Talk“. Das Gute ist ja, dass B2B immer zwei Jahre zurück hängt und man sich das Szenario 2024 einfach aktuell bei den B2C-Marketern anschauen kann. Oder wie siehst du das?
Henryk Börngen: Hallo, lieber René, schön dich zu sehen. Du startest mit einer interessanten These und ich stimme dir zu, bis vor ein paar Jahren war der Abstand in einigen Marketing- und vor allem MarTech-Aspekten sogar noch größer. Ich erinnere eine Konferenz vor ein paar Jahren, als ein B2C-Datenspezialist über Performance-Marketing sprach. Auf diesem Niveau können die allermeisten B2B-Unternehmen sicherlich auch heute noch nicht agieren. Die Anforderungen und die Zielsetzungen ändern sich aber gerade elementar. Getrieben von veränderten Kundenanforderungen, Strategien des Mehrkanalvertriebs, die neuen Geschäftsmodelle (Stichwort: Servitization) sowie der weitere Kostendruck, lassen eine enorme Zunahme der Geschwindigkeit und des Aufholens erkennen.
René Kühn: Magst du in diesem Kontext kurz erläutern, in welcher Sparte von Continental du arbeitest und was du so den ganzen Tag machst? Welche Bereiche sind unter deiner Leitung?
Henryk Börngen: Ich trage seit einiger Zeit zwei Hüte. Unter dem ersten verbergen sich die vielfältigen Marketingaktivitäten des Unternehmensbereichs Automotive für die Geschäftsfelder: Smart Mobility, Aftermarket sowie Commercial Vehicles. Mit der Markenkommunikation unserer Produktmarken ATE, Continental und VDO, den Handels- und Performance-Marketing-Aktivitäten des mehrstufigen After-Sales-Vertriebs sowie dem Live-Marketing mit internationalen Messen, (digitalen) Kundenveranstaltungen und Webinaren. Unter dem zweiten Hut verbergen sich die Bestrebung, die Customer Journeys sowie alle Kunden-Touchpoints und die entsprechenden Prozesse zu optimieren. Gemeint ist hierbei der Ausbau des Go-to-Market Techstack für eMarketing, eCommerce und e(Self)Service.
René Kühn: Wenn man mit B2B-Marketern spricht, braucht es meist nicht länger als 60 Sekunden, bis das erste Mal „…in unserem Change-Prozess“ fällt. Kannst du uns einen Einblick geben, welche wesentlichen Änderungen im Marketing für dich derzeit die größten Challenges sind?
Henryk Börngen: Ich sehe hier mehrere Herausforderungen. Zum einen, unsere Kunden noch viel stärker in den Mittelpunkt zu stellen (Outside-in View), Daten als die „neue Währung“ zu betrachten, für die Angebots- und Selbstoptimierung. Aber auch die nötige Balance aus Investition in MarTech bzw. Markenwert hinzubekommen sowie attraktiv für neue Talente zu sein und Kompetenzen im Digitalmarketing weiterzuentwickeln.
René Kühn: Stichwort MarTech. Wie verändern Technologien und Innovationen im Software- und Tool-Bereich deiner Meinung nach das Spiel für B2B-Marketingteams? Worin siehst du die entscheidenden Vorteile und den Nutzen für euer Marketing?
Henryk Börngen: Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, den Komfort für unsere Kunden zu erhöhen, etwa durch bessere UX, Self-Service Angebote oder SSO, und wollen die eigenen Kosten dafür, durch umfassende Digitalisierung und Automatisierung, noch weiter senken. Außerdem streben wir zusätzliche Einnahmequellen an, etwa durch weitere digitale Vertriebskanäle, um somit auch kleinere Kundenaccounts abbilden zu können. Nicht zu vergessen, die datengetriebene Optimierung und Senkung der Kundenakquisitionskosten, in einem Umfeld eher steigender Werbekosten bei Google, Facebook und Co. Das Wachstumsfeld der Lizenz- oder Servicegeschäfte, wird durch die neu-aufgebauten Serviceportale ermöglicht, wo personalisierte Angebote und Self-Service für Neugeschäft und Upselling sorgen.