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Interview mit Henryk Börngen von Continental #TalkMarTechToMe

Als Global Head of Marketing Smart Mobility bei Continental ist Henryk Börngen ein echter MarTech-Experte. Zeit also, mit ihm über den Status quo, Herausforderungen und die neuen Aufgaben für CMOs zu sprechen.

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andel scheint einer der Kernkompetenzen von Continental zu sein. Viele Menschen denken wohl ausschließlich an einen Reifenhersteller, wenn sie den Namen des über 150-jährigen B2B-Unternehmens hören. Aber das passt schon lange nicht mehr: Reifen sind neben Automotive und ContiTech nur ein Unternehmensbereich – zudem sind dem Technologieunternehmen viele verschiedene Geschäftsfelder zuzuordnen, wie zum Beispiel Autonomous Mobility, Smart Mobility, User Experience, Conveying Solutions, Surface Solutions (mehr Infos zur Konzernstruktur von Continental findest du hier).

Hinter der starken Marke Continental verbirgt sich ein echter B2B-Riese – mit 37,7 Milliarden Euro Umsatz einer der größten Automobilzulieferer der Welt. Umso anspruchsvoller wird da die Arbeit fürs Marketing von Continental mit vielen Herausforderungen, Änderungen und neuen Perspektiven. Hier wandeln sich regelmäßig Prozesse und Strategien – Stichwort: Technologisierung des Marketings.

Henryk Börngen von Continental und Matchilla-Chef René Kühn liefern sich regelmäßig offene Diskussionen zu aktuellen Trends im Marketing und neuen Softwareprovidern. Für das MatchZINE verabredeten sich die beiden über Zoom, um über den aktuellen Status quo im Marketing festzuhalten.

René Kühn: Lieber Henryk, klasse, dass wir uns erneut über die aktuellen Herausforderungen unterhalten und willkommen bei unserem Format „MarTech Talk“. Das Gute ist ja, dass B2B immer zwei Jahre zurück hängt und man sich das Szenario 2024 einfach aktuell bei den B2C-Marketern anschauen kann. Oder wie siehst du das?

Henryk Börngen: Hallo, lieber René, schön dich zu sehen. Du startest mit einer interessanten These und ich stimme dir zu, bis vor ein paar Jahren war der Abstand in einigen Marketing- und vor allem MarTech-Aspekten sogar noch größer. Ich erinnere eine Konferenz vor ein paar Jahren, als ein B2C-Datenspezialist über Performance-Marketing sprach. Auf diesem Niveau können die allermeisten B2B-Unternehmen sicherlich auch heute noch nicht agieren. Die Anforderungen und die Zielsetzungen ändern sich aber gerade elementar. Getrieben von veränderten Kundenanforderungen, Strategien des Mehrkanalvertriebs, die neuen Geschäftsmodelle (Stichwort: Servitization) sowie der weitere Kostendruck, lassen eine enorme Zunahme der Geschwindigkeit und des Aufholens erkennen.

 

René Kühn: Magst du in diesem Kontext kurz erläutern, in welcher Sparte von Continental du arbeitest und was du so den ganzen Tag machst? Welche Bereiche sind unter deiner Leitung?

Henryk Börngen: Ich trage seit einiger Zeit zwei Hüte. Unter dem ersten verbergen sich die vielfältigen Marketingaktivitäten des Unternehmensbereichs Automotive für die Geschäftsfelder: Smart Mobility, Aftermarket sowie Commercial Vehicles. Mit der Markenkommunikation unserer Produktmarken ATE, Continental und VDO, den Handels- und Performance-Marketing-Aktivitäten des mehrstufigen After-Sales-Vertriebs sowie dem Live-Marketing mit internationalen Messen, (digitalen) Kundenveranstaltungen und Webinaren. Unter dem zweiten Hut verbergen sich die Bestrebung, die Customer Journeys sowie alle Kunden-Touchpoints und die entsprechenden Prozesse zu optimieren. Gemeint ist hierbei der Ausbau des Go-to-Market Techstack für eMarketing, eCommerce und e(Self)Service.

 

René Kühn: Wenn man mit B2B-Marketern spricht, braucht es meist nicht länger als 60 Sekunden, bis das erste Mal „…in unserem Change-Prozess“ fällt. Kannst du uns einen Einblick geben, welche wesentlichen Änderungen im Marketing für dich derzeit die größten Challenges sind?

Henryk Börngen: Ich sehe hier mehrere Herausforderungen. Zum einen, unsere Kunden noch viel stärker in den Mittelpunkt zu stellen (Outside-in View), Daten als die „neue Währung“ zu betrachten, für die Angebots- und Selbstoptimierung. Aber auch die nötige Balance aus Investition in MarTech bzw. Markenwert hinzubekommen sowie attraktiv für neue Talente zu sein und Kompetenzen im Digitalmarketing weiterzuentwickeln.

 

René Kühn: Stichwort MarTech. Wie verändern Technologien und Innovationen im Software- und Tool-Bereich deiner Meinung nach das Spiel für B2B-Marketingteams? Worin siehst du die entscheidenden Vorteile und den Nutzen für euer Marketing?

Henryk Börngen: Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, den Komfort für unsere Kunden zu erhöhen, etwa durch bessere UX, Self-Service Angebote oder SSO, und wollen die eigenen Kosten dafür, durch umfassende Digitalisierung und Automatisierung, noch weiter senken. Außerdem streben wir zusätzliche Einnahmequellen an, etwa durch weitere digitale Vertriebskanäle, um somit auch kleinere Kundenaccounts abbilden zu können. Nicht zu vergessen, die datengetriebene Optimierung und Senkung der Kundenakquisitionskosten, in einem Umfeld eher steigender Werbekosten bei Google, Facebook und Co. Das Wachstumsfeld der Lizenz- oder Servicegeschäfte, wird durch die neu-aufgebauten Serviceportale ermöglicht, wo personalisierte Angebote und Self-Service für Neugeschäft und Upselling sorgen.

»Die Geschwindigkeit bei Implementierungen ist uns wichtiger als die beste Lösung, die bei Erscheinung schon wieder veraltet ist.«

René Kühn: Ihr habt in den letzten Monaten und Jahren die Infrastruktur für einen Continental MarTech Stack entwickelt. Das muss jedes Unternehmen sicherlich sehr individuell umsetzen. Woran habt ihr euch orientiert? Kannst du uns einen Einblick geben?

Henryk Börngen: Beim Thema TechStack gibt es sicherlich viele Philosophien. Wir arbeiten seit drei Jahren am Aufbau unserer technischen Go-to-Market-Infrastruktur. Bei unserem Ansatz ist uns wichtig, Silos abzubauen und, wo möglich, Lösungen zu zentralisieren oder mittels Blueprint-Lösungen schnell skalieren zu können. In einem Konzern mit einer umfangreichen digitalen Historie sowie unterschiedlichsten IT-Verantwortlichkeiten ist der gewählte Ansatz eher ‚Brownfield‘, aber die Geschwindigkeit bei Implementierungen ist uns wichtiger als die beste Lösung, die bei Erscheinung schon wieder veraltet ist. Wir haben sehr gute Erfahrungen mit MVPs und inkrementellem Vorgehen gemacht.

 

René Kühn: Und was ist dabei momentan und besonders in Zukunft die Aufgabe und das Anforderungsprofil eines CMOs? Wie sieht die CMO-Position in 2025 aus?

Henryk Börngen: Zukünftige CMOs werden in der Lage sein müssen, ihre Kundenbeziehungen zu stärken sowie eine performante MarTech Infrastruktur unterhalten zu können. Um nachhaltiges Wachstum sicherzustellen, wird die Bedienung der Marketing Engine und der Felder Marketing, Customer Experience und Operational Excellence unerlässlich werden. Diese Grafik zeigt, wie Marketing und Technologie verschmelzen und welche Aspekte dabei relevant sein können.

MTC-MarTechStack-Continental
Die "Marketing Engine" von Henryk Börngen: CMOs müssen in Zukunft die Felder Marketing, Customer Experience und Operational Excellence bedienen können.

René Kühn: Du bist mit deinen wirklich starken LinkedIn-Postings in den letzten Monaten ein echter Meinungsbilder und Aufklärer im Bereich MarTech geworden. Viele andere Marketer kommentieren und diskutieren bei deinen Themen mit. Wie nimmst du die Marketingkollegen aus anderen Unternehmen wahr? Denkst du, dass jeder die Zeichen der Zeit erkannt hat?

Henryk Börngen: Mein Wunsch hierbei ist, ein Netzwerk mit gleichgesinnten aufzubauen und mich über den gemeinsamen Dialog weiterzuentwickeln. Meiner Meinung nach kommt an MarTech kein Marketer mehr vorbei und das haben die allermeisten erkannt. Themen wie CRM, Automation, Testing, Personalisierung, Performance, Analytics, Marketing-Data sind schon heute Treiber im Marketing. Marketing Technologie wird in Zukunft das Maß der Dinge und Differenzierungsmerkmal exzellenter Unternehmen bzw. CMOs. Es kommt jetzt darauf an, sich als Marketer zu entwickeln und entsprechende Kompetenzen aufzubauen. Wir bei Continental nutzen dabei vielfältige Angebote, wie Seminare, Kongresse und Webinare, um uns auf dem Laufenden zu halten.

»Ich würde mir wünschen, dass wir uns trauen, schneller, experimenteller und weniger holistisch uns dem Thema MarTech zu stellen.«

René Kühn: Noch einmal zurück den Schwenk auf MarTech. Welche drei Dinge möchtest du im aktuellen Prozess gerne mit einem Fingerschnippen lösen?

Henryk Börngen (lacht): Ein Kollege hat kürzlich folgenden Spruch geprägt: „Ironischerweise ist die digitale Transformation kein technologisches Problem.“ Ich würde ergänzen, es ist meistens der Faktor Mensch, der den Wandel erschwert. Mit dem Fingerschnipp würde ich mir wünschen, dass…

  1. wir uns trauen, schneller, experimenteller und weniger holistisch uns dem Thema MarTech zu stellen,
  2. wir unsere konstruktive Fehlerkultur noch weiter ausbauen und
  3. ein gemeinsames Verständnis der Wichtigkeit von Daten entwickeln.
 
 
 

René Kühn: Apropos Fingerschnipp. Die bezaubernde Jeannie kehrt als KI zurück und bietet dir an, dass du drei Skills einprogrammieren und jederzeit persönlich nutzen kannst. Verrätst du uns, welche?

Henryk Börngen: Mir würde schon die Aufrüstung meines RAM Speichers reichen (lacht schon wieder). Im Geschäft könnte KI helfen, eine Kundensegmentierung der Marketingzielgruppen durch Cluster-Algorithmen zu ermöglichen. Die KI könnte auch helfen, den Customer Lifetime Value zu bestimmen, um eine bessere Marketingbudget- und Aktionsplanung zu ermöglichen. Wünschenswert wäre auch die KI zur Retouren-Optimierung im E-Commerce, etwa durch einen assistierten Verkaufsprozess. Und wenn Jeannie doch nicht kann, dann werden wir es selbst umsetzen – wenn vielleicht auch nicht alles sofort.

 

René Kühn: Lieber Henryk, vielen Dank für dieses Gespräch und deine Insights. Wir freuen uns schon auf deine nächsten Postings bei LinkedIn.

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Henryk Börngen

Henryk Börngen startete in der Unternehmenskommunikation bei Siemens VDO, war Kommunikationschef im Automotive-Aftersales bei Continental und leitet jetzt das globale Marketing des Geschäftsbereichs Smart Mobility im Technologieunternehmen. Seine Leidenschaft gilt nicht nur dem strategischen Markenaufbau und dem Performance-Marketing, sondern auch den Themen Nachhaltigkeit und Neue Geschäftsmodelle.

In einer zweiten Rolle treibt er als Project Lead Digital Transformation seit 2019 den technologischen und kulturellen Wandel bei Continental voran, um mit dem Ausbau und der Automatisierung digitaler Vertriebs- und Servicekanäle den Kundenfokus zu erhöhen.

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