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#TalkMarTechToMe – Interview mit Alexander Ewig von AIDA

Wer sollte im Unternehmen den MarTech Stack verantworten? Welche Marketing-Technologie bietet den größten Impact? Wir haben mit Alexander Ewig, SVP Marketing & Sales bei AIDA, über die Technologisierung des Marketings und die Auswahl der richtigen Systeme gesprochen.

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ie letzten zwei Jahre waren für AIDA Cruises eine ausgesprochene Herausforderung. Doch der Kreuzfahrtriese nutzte die unfreiwillige Zeit am Anker, um das Geschäft ganzheitlich zu überdenken und sich für die Zukunft aufzustellen. Das betrifft natürlich auch das Marketing: Hier wurden bisherige Strategien und Wege hinterfragt und so Ziele und Projekte definiert, um die beliebteste Urlaubsmarke in Deutschland zu werden – wahrlich ambitioniert!

Alexander Ewig verantwortet als Senior Vice President das Marketing und den Sales bei AIDA Cruises. In den letzten Monaten wurde sein Aufgabenbereich durch die Pandemie maßgeblich ergänzt, denn das Unternehmen strukturierte sich im Rahmen des derzeitigen Transformationsprozess auch im Marketing und Vertrieb technologisch neu. René Kühn sprach mit Alexander Ewig über ein Thema, was ihn dabei wohl wie kaum ein anderes beschäftigte: MarTech.

René Kühn: Lieber Alex, wir sprechen ja schon sehr lange über aufkommende Marketing Trends, kreative Kampagnen oder Best Practice Beispiele in der Kommunikation und natürlich den besten Fußballclub der Welt. Dass wir beide uns heute dezidiert Zeit nehmen, um über Technologien und Software zu sprechen, hätte ich vor drei Jahren nie gedacht! Was ist da passiert?

Alexander Ewig: Lieber René, wer hätte denn von uns beiden gedacht, dass wir nach dem Fast-Abstieg in der letzten Saison, den FC in diesem Jahr nach Europa begleiten dürfen? Alles hat so seine Momente. Daher ist es mir auch wichtig, am Anfang eines Gespräches über Technologie zu unterstreichen, das Kreativität und Kommunikation immer noch im Fokus stehen sollten. Technologie und Software gibt uns „nur“ neue Möglichkeiten, kreative Kommunikation effizienter und effektiver zu Kunden zu bringen. Teilweise schafft sie auch neue Formen von Kreativität, aber im Kern ist sie – ein wichtiges – Mittel zum Zweck. Getrieben wird das ganzen natürlich durch die immer fortschreitende Digitalisierung, da ist Technologie systemimmanent.

 

René Kühn: Aufbauend auf dieser Entwicklung kann man die neue Ausgabe der MarTech Landscape anführen. 9.932 MarTech Anbieter wurden von Scott Brinker & Co. identifiziert. Wie behaltet ihr bei AIDA den Überblick über den Markt und diese rasante MarTech-Evolution?

Alexander Ewig: Wir haben gar nicht das Ziel, den Überblick über den Markt zu behalten bzw. erst einmal zu bekommen. Wir haben klare kommunikative und vertriebliche Ziele und suchen dann gezielt zusammen mit unserer Agentur und unseren Technologie-Partner nach den für uns richtigen Lösungen. Zudem haben wir eine strategische Entscheidung getroffen, nicht einem „best-of-breed“-Ansatz zu folgen, sondern auf Plattformen zu setzen. Das macht es dann auch etwas übersichtlicher.

 

René Kühn: Wie konntest du deine persönlichen Kompetenzen in Sachen MarTech aufbauen? Hattest du schon immer Interesse daran oder lag es an den neuen Projekten und Herausforderungen?

Alexander Ewig: Ich bin ja von Herzen „Digitaler“, wenn auch inzwischen ein erfahrener/alter, da hat man automatisch ein technisches Faible. Anfang/Mitte der 90 Jahre habe ich ja, wie einige andere auch, meine ersten Gehversuche im Internet gemacht. Damals war man alles: Konzepter, Designer, Programmierer. Und dieses Interesse habe ich dann auch in gefestigteren Agentur-Strukturen, wie als Geschäftsführer beim denkwerk oder bei Ogilvy immer beibehalten. Ich habe mir dann eher das Kommunikations-Know-how in den klassischen Medien über die Jahre erarbeitet, das Wissen und Interesse um und an Technologie ist dabei immer geblieben. Das zahlt sich heute an vielen Stellen aus, auch wenn ich es natürlich im Detail nicht mit Experten aufnehmen kann. Aber ich habe genug Grundverständnis und aktuelles Wissen, um die richtigen Fragen zu stellen.

»Die CDP wird sicherlich mittelfristig den größten Business Impact haben.«

René Kühn: Du warst einer der ersten Marketer in Deutschland, der mir von einer Optimierung des internen MarTech Stack berichtete. Das war Anfang 2020 im Zuge eurer technologischen Neuausrichtung. Wie funktioniert so ein Prozess? Kam der Impuls aus der IT? 

Alexander Ewig: Corona hat hier eine ganz große Rolle gespielt, und hier auch eine konstruktive. AIDA ist ein Unternehmen, das einerseits sehr schnell gewachsen ist, das aber zumindest in Deutschland einen Markt quasi erfunden hat. Daher mussten wir uns fast alle Lösungen selbst bauen und das meisten auch ziemlich pragmatisch. Inzwischen sind wir ein Unternehmen mit 16.000 Mitarbeitern, komplexen Kommunikations- und Vertriebsstrukturen. Aus Marketing und Sales heraus hatten wir schon Ende 2019/2020 das klare Bestreben, unsere Infrastruktur zukunftsfähig zu machen und alle Kundenprozesse entlang des Funnels zu digitalisieren – auch in den internen Prozessen. Der Anstoß kam also aus dem Fachbereich, die IT hat uns hier aber sehr gut begleitet.  Durch Corona hatten wir dann einerseits paradoxerweise die Gelegenheit, uns fokussiert darum zu kümmern, und andererseits auch noch einmal einen realen POC, wie wichtig digitale Kommunikation mit dem Kunden ist.

 

René Kühn: Welcher MarTech-Bereich ist für euch am wichtigsten und bietet euch einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil bzw. den größtmöglichen Nutzen? 

Alexander Ewig: Nachdem wir verhältnismäßige Quick Wins über die Attribution gewonnen haben, haben wir zuerst mit dem Fundament begonnen: CMS und DAM. Das ist zwar auf den ersten Blick nicht ganz so sexy, aber die Basis für alles, was danach kommt. Auch für die CDP, die sicherlich mittelfristig den größten Business Impact haben wird. Aber der Gesamtnutzen kommt aus dem Zusammenspiel der Komponenten. 

 

René Kühn: Single-Vendor oder best-of-breed stack? Was glaubst du, wird dabei in Zukunft die bestimmende Praxis sein?

Alexander Ewig: Wie oben schon angerissen, haben wir hier eine klare Entscheidung getroffen: Plattform vor best-of-breed. Wobei wir auch mehrere Systeme im gesamten MarTech-Bereich haben, aber innerhalb eines Use-Cases eben möglichst nur eine Plattform. Hier gibt es aber kein richtig oder falsch, es ist vielmehr eine Frage der IT-Strategie. Für uns waren die Gründe: Maintenance, Schulungen, Komplexität und Schnittstellen.

»Während des Neustarts mussten wir sehr individuelle Infos an die Gäste schicken: Was gilt wo wann für wen? Das wäre ohne ein weitestgehend automatisiertes System nicht gegangen.«

René Kühn: Hat euch schon einmal eine vorhandene Technologie geholfen, um eine neue Herausforderung zu lösen?

Alexander Ewig: Wir wären ohne unsere Marketing Automation Software nicht durch die Pandemie gekommen. Wir hatten am Anfang leider viele sehr individuelle Absagen, die wir an unsere Gäste schicken mussten. Dann, während des Neustarts, mussten wir wiederum sehr individuelle Infos an die Gäste schicken: Was gilt wo wann für wen?! Beides wäre ohne ein weitestgehend automatisiertes System nicht gegangen.

 

Welche drei Dinge möchtest du in den aktuellen Prozessen im MarTech-Bereich bei AIDA gerne mit einem Fingerschnippen lösen?

Alexander Ewig: 

  1. Mitarbeiter
  2. Mitarbeiter
  3. Mitarbeiter
 
 
 

René Kühn: Final noch eine Sache, die mir zwischen all diesen technologischen Zukunftsthemen bei euch aufgefallen ist. Ihr seid mit einem AIDA-Radiosender gestartet. Also Radio. Das ist auf den ersten Blick so gar nicht 2022 und kein Futter für eure CDP!? Wieso seid ihr diesen Schritt gegangen?

Alexander Ewig: Dafür gibt es mehrere Gründe. Wir haben hunderttausende treue AIDA Fans, die sich sehr viel mit uns als Marke beschäftigen. Natürlich findet dabei viel auf SoM statt, aber das ist immer sehr punktuell, wir integrieren mit AIDAradio die Marke noch einfacher in den Alltag, ganz entspannt und „lean back“. Dazu können wir umfassender und breiter informieren und den Gästen 365 Tage im Jahr ein AIDA-Gefühl geben. Daten sammeln wir hier allerdings auch. Das Programm ist ja komplett digital über DAB+, Stream sowie Alexa & Co. Zudem bieten wir alle relevanten Inhalt auch zum Nachhören als Podcast an. Das ist also absolut 2022 – Content, Kontext, Digital und Daten.

 

René Kühn: Bei den zahlreichen Auswärtsfahrten mit dem 1. FC Köln quer durch Europa hast du ja in den nächsten Monaten ausreichend Zeit, dich unterwegs weiterzubilden. Nehmen wir an, du hast die Möglichkeit, eine bestimmte Software gänzlich zu verstehen und vollumfänglich selbst zu bedienen. In welchem Bereich bist du in Zukunft einer der kompetentesten Marketer?

Alexander Ewig: Ich würde gerne CDPs komplett verstehen – wie sie ganz genau arbeiten, damit man dann den besten Nutzen daraus ziehen kann. Ich bin mir aber sicher, dass ich auf den Europa Touren des FC vieles tun werden, aber „CDP for Dummies“ wird nicht dazu gehören …

 

René Kühn: Lieber Alex, vielen Dank für deine Zeit und die geteilten Insights. Bei der Europatour bin ich definitiv dabei! 

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Alexander Ewig

Alexander Ewig ist seit 2021 SVP Marketing & Sales bei AIDA Cruises. 2019 wechselte er als Geschäftsführer Marketing MediaMarkt und Saturn Deutschland/International zum Kreuzfahrtunternehmen. Zuvor hatte er Führungspositionen u.a. bei MRM Deutschland, KlickTel AG/Telegate AG, OgilvyOne und Denkwerk inne.

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